Sonntag, 13. April 2025

Tanzen – zwischen Kulturen, Nähe und Freiheit

Ich habe eine Zeit lang getanzt – nicht professionell, aber mit großer Freude.

Alles begann in Mailand, in einem Nachtclub auf einer Latino-Party. Ich konnte keine Bachata tanzen, aber die Leute dort waren offen und herzlich. Sie zeigten mir ein paar Schritte, und plötzlich war ich mitten auf der Tanzfläche. Da hat es Klick gemacht – ich wollte tanzen lernen.

Zurück in Deutschland meldete ich mich für einen Tanzkurs an. Ehrlich gesagt, lag mein Wunsch auch daran, mit einem bestimmten Mann zu tanzen. Und ja, das habe ich dann geschafft. Danach ließ mein Interesse etwas nach – aber das Ganze war ein kleines Abenteuer, das mich verändert hat.

Es war eine Herausforderung, besonders wegen meiner Herkunft. Ich komme aus dem Südkaukasus, wo die traditionellen Tänze ganz anders sind. Dort tanzt der Mann an der Seite der Frau – stolz, fast wie ein Ritter, der sie erobern will. Die Frau hält Distanz, schaut ihn nicht an, und es gibt keinen Körperkontakt. Alles ist elegant, voller Spannung und Respekt.

Ganz anders in lateinamerikanischen Tänzen: Hier ist die Nähe groß, der Körperkontakt intensiv. Für mich war das anfangs befremdlich. In meiner Kultur ist es nicht selbstverständlich, dass ein fremder Mann einer Frau so nah kommt. Und doch war da dieses Gefühl von Freiheit, von Leichtigkeit – etwas, das mich faszinierte.

Aber ich merkte schnell: So frei ist das Tanzen gar nicht. Der Mann führt, und als Frau folgt man seinen Impulsen – auch seinen tänzerischen Launen. Ich stellte fest, dass ich mich überraschend leicht führen ließ. Und ich erkannte, dass das vielleicht mit meiner Erziehung und meiner Kultur zusammenhängt – dort, wo Frauen traditionell dem Mann folgen.

Doch gleichzeitig wurde mir klar: Die Frau verleiht dem Tanz Eleganz, Sinnlichkeit, manchmal sogar eine gewisse Erotik. Sie tanzt so, als wäre alles, was geschieht, ihr eigener Wille. Vielleicht ist das auch ein Bild für gelungene Beziehungen: geführt, aber nicht kontrolliert – frei, aber nicht ziellos.

Was ich auch spannend fand: In Italien zählt oft der erste Eindruck – eine schöne Frau wird zum Tanzen eingeladen, egal wie gut sie tanzt. In Deutschland ist das anders. Hier scheint Tanzen oft ernster zu sein. Wenn eine Frau schön, aber nicht sehr tanzsicher ist, wird sie häufig gar nicht gefragt. Und viele Frauen übernehmen hier selbst die Initiative und bitten Männer zum Tanz – für mich persönlich war das ungewohnt.

Aber eines bleibt gleich, egal wo man tanzt: Beim Tanzen verschwinden Sorgen, die Stimmung hebt sich wie von selbst, und man lächelt, ohne es zu merken.

Und im Tanzen wie im Leben gilt: Wenn die Harmonie fehlt, geht man auseinander – und tanzt nie wieder miteinander.

Vielleicht gehe ich bald mal wieder tanzen. :)

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Zwischen Sinnsuche, Spiritualität und Selbstvermarktung – ein persönlicher Blick

 Letzten Freitag war das Wetter herrlich. Ich war in der Stadt – was für mich ungewöhnlich ist. Normalerweise meide ich die Innenstadt am Wo...