Aber an diesem Freitag war ich da – mittendrin im Trubel. Und plötzlich fiel mir etwas auf: Auf einem kurzen Streckenabschnitt standen mehrere Gruppen, Vertreter verschiedener Kirchen und religiöser Bewegungen, dicht nebeneinander. Sie sprachen Passanten an, verteilten Flyer, warben für ihre Ideen, luden zu Gesprächen ein, versuchten Menschen zu erreichen. Es wirkte auf mich nicht wie ein Dialogangebot, sondern wie eine Überpräsenz von Überzeugungen.
Ich selbst neige zum Grübeln. Ich reflektiere viel – manchmal zu viel. Es hat mich im Leben auch gebremst. Ich kenne die Momente, in denen man sich fragt: „Wofür das alles?“ Und gerade deshalb verstehe ich, warum so viele Menschen sich nach einer Art innerer Befreiung sehnen.
Diese Suche nach etwas Höherem, nach Sinn, nach innerer Ruhe – die begegnet mir nicht nur auf der Straße. Vor allem im Internet scheint sie omnipräsent zu sein. Dort entstehen täglich neue spirituelle Bewegungen, Coaching-Programme, Online-Kurse zur Selbstfindung. Viele Menschen – besonders Frauen – lehren andere Frauen, wie man „wirklich lebt“, wie man sich selbst „manifestiert“, die „eigene Energie freisetzt“ oder sein „inneres Kind heilt“.
Aber gleichzeitig sehe ich auch die Kehrseite. Denn wo Nachfrage ist, ist oft auch Geschäft. Spiritualität wird zunehmend zur Ware. Coaches, die Tausende Euro für Online-Kurse verlangen. Influencer*innen, die sich als moderne Gurus inszenieren. Und manche Bewegungen erinnern in Struktur und Sprache an klassische Sekten – mit strengen Hierarchien, dogmatischen Weltbildern und einer klaren Trennung zwischen „uns“ und „den anderen“.
Vor allem stört mich, wenn das Ganze einen Massencharakter bekommt. Wenn Menschen nicht mehr ihren eigenen Weg suchen, sondern nur noch dem neuesten Hype folgen. Wenn aus echter Suche nach Sinn ein Geschäftsmodell wird, das vor allem denen hilft, die daran verdienen.
Trotzdem – ich will nicht verurteilen. Ich will nur zur Achtsamkeit einladen. Denn das Leben bleibt kompliziert. Es war nie einfach – aber gerade hier in Europa geht es uns oft besser, als wir denken. Und doch sind wir so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir oft unnötig leiden.
Deshalb mein kleiner Appell:
Bleibt wach. Bleibt kritisch.
Lasst euch nichts einreden – und glaubt nicht alles, nur weil es gut klingt.
Und vor allem: Bleibt sich selbst treu.
Genießt die Ostertage.
Und gönnt euch die Ruhe, die ihr braucht :)