Montag, 8. Dezember 2025

Ein spontaner Abend, der uns alle ein bisschen gerettet hat




Am Samstag kam ich gegen 17 Uhr nach der Arbeit nach Hause. Ich war ziemlich müde – den ganzen Tag hatte ich in einer anderen Stadt Prüfungen abgenommen, und mein Kopf war voll, mein Körper leer.

Gegen halb sieben vibrierte mein Handy. Eine WhatsApp-Nachricht:
„Zhanna, bist du zu Hause? Darf ich heute bei dir übernachten?“

Das war eine gute Freundin von mir, mit der ich zusammen studiert habe und die ich schon seit Jahren kenne. Ich antwortete einfach: „Ja.“

Ich habe nicht nachgefragt, weshalb oder warum. Ich wusste: Wenn sie so etwas schreibt, dann ist es etwas Ernstes und sie braucht das dringend. Und das Wieso und Warum können wir ja bei mir besprechen – wenn sie das will - nur dann. 

Ich habe immer etwas für spontane Besuche zu Hause. Irgendwas kann ich schnell zusammenstellen, und es reicht immer für einen gemütlichen Abend. Also wanderte der Sekt in den Kühlschrank, der Rotwein auf den Tisch, und ein Foto an sie, dass ich schon alles vorbereitet habe. 
Und dann ergab es sich plötzlich, dass eine andere Freundin auch spontan vorbeikommen wollte. So saßen wir drei Frauen gegen 22 Uhr zusammen am Tisch, wie früher, nur älter, ehrlicher und mit mehr Geschichten im Gepäck.

Natürlich ging es ums Leben. Und um das Familienleben – das, was wir alle kennen, aber worüber man selten laut spricht.
Ich habe ein paar blöde Witze gemacht, um die Stimmung zu heben: dass ich bald nur nach Terminvereinbarung alle beleidigten Frauen bei mir aufnehme. Oder bald  ein Retreat für verheiratete Frauen eröffne. Oder dass ich vielleicht doch Glück hatte, nicht geheiratet zu haben.

Es waren leichte Worte für eine schwere Situation. Ich wusste, viel mehr kann ich nicht tun. Zuhören, ein bisschen Abwechslung geben – ja. Aber keine Lösungen. Meine Meinung wäre nur meine, und die wollte ich niemandem aufdrängen.

Am Ende erzählte ich ihr etwas, das mir selbst immer hilft. Etwas, das ich von meiner Mutter habe. Meine Mutter hatte kein leichtes Leben, aber sie sagte immer:
„Wenn es mir schlecht geht, versuche ich, an etwas Positives in der Vergangenheit zu denken.“
Also sagte ich zu ihr: Denk an die schönen Momente, die du und dein Ehemann in all den Jahren hattet. Die gab es – das weiß ich. Und selbst wenn man sich am Ende trennen muss: Wenn wir an die glücklichen  Momente denken, können wir auf die Person nicht wirklich wütend sein.
Das hilft. Wirklich.

Wir waren bis drei Uhr morgens wach. 

Am nächsten Morgen wurden wir dann noch überrascht: Eine weitere Freundin stand plötzlich vor der Tür. Einfach so, ohne Ankündigung – genauso spontan wie alles an diesem Wochenende. Wir haben zusammen gefrühstückt, oder besser gesagt: gebruncht. Es war laut, lebendig, voller Stimmen und Gelächter. Der Tisch war voll mit Essen, und wir waren voll mit Geschichten.
So sah also unser spontaner zweiter Advent aus – ungeplant, warm, ein bisschen chaotisch und einfach schön.

Am Abend schrieb sie mir, sie habe Kopfschmerzen – „Ich darf echt nicht mehr so viel Alkohol trinken“, meinte sie.
Ich musste lächeln und schickte ihr eine Sprachnachricht:
"Wenn du dich heute auf das Positive von gestern konzentrierst, siehst du: Wir hatten einen schönen, spontanen Abend. Du hattest ein bisschen Abstand von deinem Alltag. Und ein paar Stunden Kopfschmerzen? Die gehen vorbei, die kann man aushalten."

Manchmal hilft schon ein anderer Blickwinkel.
Und Freunde sind genau dafür da – um diesen Blickwinkel vielleicht ein bisschen zu verändern. 


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